Der C-Teil ist das Verfassen eines Einspruchsschriftsatzes gegen ein Patent. Daher muss man bei jedem Anspruch prüfen, ob dieser im Vergleich zu einer oder mehrerer Entgegenhaltungen nicht neu bzw. nicht erfinderisch ist.
Während man also das Patent und die Entgegenhaltungen analysiert, stolpert man über zahlreiche Merkmale, deren Fundstellen man für die spätere Argumentation möglichst festhalten sollte.
Trick 1: Bringe die Merkmale unter Deine Kontrolle
Ich will mit einem Beispiel einmal genauer zeigen, was ich meine:
Anspruch 1 des angegriffenen Patents soll lauten: „Ein Holztisch zum Erwärmen von Speisen“.
Entgegenhaltung 1 offenbart: „Metalltische zum Erwärmen von Speisen“ und Entgegenhaltung 2 offenbart allgemein „Holztische“.
Nun ist Anspruch 1 formal neu gegenüber Entgegenhaltung 1 und 2, aber höchstwahrscheinlich nicht erfinderisch, denn – wir erinnern uns – bei der Prüfung von erfinderischer Tätigkeit dürfen zwei Entgegenhaltungen kombiniert werden*.
(*Natürlich ist es in der Praxis nicht ganz so einfach: Der Fachmann müsste auch „Anlass“ gehabt haben beide Dokumente zu kombinieren. In der Prüfungssituation müssen wir die Kombinierbarkeit zweier Dokumente natürlich auch beachten, können aber in erster Näherung erst einmal die verschiedenen „Puzzleteile“ zusammensuchen).
Um das aber schnell feststellen zu können wäre es gut das Merkmal „Metalltisch zum Erwärmen von Speisen“ aus Entgegenhaltung 1 und das Merkmal „Holztisch“ aus Entgegenhaltung 2 irgendwie festzuhalten, so dass man die Textstelle später beim eigentlichen Schreiben des Einspruchsschriftsatzes findet.
Im genannten Beispiel ist dies noch relativ einfach, da die Merkmale sehr kurz sind. In der Prüfung sind die Merkmale jedoch meist zahlreicher und komplexer, außerdem gibt es mehr Ansprüche und mehr Entgegenhaltungen; und manchmal ist die Kombinationsmöglichkeit auch nicht immer so leicht ersichtlich.
Um so mehr muss man irgendwie die teilweise vielfältige Merkmalsinformation so festhalten, dass man sie am Ende beim Schreiben des Einspruchs schnell und verlässlich findet. Dazu gibt es folgende (mir bekannte) Methoden:
1. Klassische Merkmalsanalyse
Natürlich kann man eine klassische Merkmalsanalyse jeder Druckschrift durchführen.Man schreibt also bei jedem Merkmal des Patentanspruchs:
1.1 „Holztisch“ -> Entgegenhaltung 2 -> „Holztisch“ (Zitatstelle)
1.2 „… zum Erwärmen von Speisen“ -> Entgegenhaltung 1 -> „Metalltisch zum Erwärmen von Speisen“ (Zitatstelle)
Der Vorteil: Man hat alles im Blick inklusive ausformulierter Merkmale.
Der Nachteil: Es kostet viel Zeit und widerspricht der Regel möglichst wenig zu schreiben was nicht direkt im Einspruchsschriftsatz als Text verwertet werden kann.
2. „Ausformulierungs“-Technik
Ein anderer Ansatz ist eine Methode, bei der man für jede Entgegenhaltung und jeden Anspruch eine eigene Seite wählt und Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen Anspruchsmerkmal und Merkmal der Entgegenhaltung ausformuliert.
Beispiel:
*** erste Seite ***
Gemeinsamkeiten:
Entgegenhaltung 1 offenbart einen Metalltisch, der zum Erwärmen von Speisen geignet ist. (Zitatstelle)
Unterschiede:
Entgegenhaltung 1 unterscheidet sich von Anspruch 1 dadurch, dass kein Holztisch erwähnt wird.
*** zweite Seite ***
Gemeinsamkeiten:
Entgegenhaltung 2 offenbart einen Holztisch (Zitatstelle).
Unterschiede:
Entgegenhaltung 2 unterscheidet sich von Anspruch 1 dadurch, dass keine Erwärmung von Speisen erwähnt wird.
Diese Vorgehensweise erscheint noch umständlicher, hat aber den Vorteil, dass man die Sätze schon so formuliert, wie man sie auch im eigentlichen Schriftsatz z.B. im Rahmen des „Problem-Solution-Approach“ verwenden würde. Dadurch kann man am Ende durch Ausschneiden und Aufkleben viel von dem schon geschriebenen Text verwerten. Insbesondere bei langen, ausführlichen Merkmalen eine wichtige Zeitersparnis.
Der Nachteil ist aber, dass man eine ziemliche Zettelwirtschaft bekommt und höllisch aufpassen muss, dass man nichts durcheinander wirft. Außerdem kostet das Ausschneiden und Aufkleben auch viel Zeit und birgt die Gefahr, dass die Seiten beim späteren Kopieren aneinander kleben.
Ich habe in der Tat diesen Ansatz in einer Prüfung einmal ausprobiert und hatte nur mäßigen Erfolg damit: Am Ende war ich erst verwirrt und dann, als ich dann doch noch die richtigen Blätter für den jeweiligen Angriff fand, lief mir die Zeit davon, so dass ich die letzten beiden Angriffe nicht mehr machen konnte, obwohl ich sie richtig erkannt hatte. Das war genug um durchzufallen – wenngleich auch denkbar knapp…
3. Farbmarkierungstechnik
Manche schwören auch darauf einfach nur durch Anmerkungen und Farbmarkierungen die richtigen Textstellen hervorzuheben bzw. auch die Entgegenhaltungen nicht nacheinander abzuarbeiten, sondern sich, je nachdem wie sie zum Anspruch passen, zusammen zu suchen.
Diese „Brute-force„-Attacke hat bei mir in den Prüfungsvorbereitungen jedenfalls nicht funktioniert. Insbesondere bei Merkmalskombinationen, die nicht sofort ins Auge springen, übersah ich leicht etwas oder suchte unnötig lange durch die Entgegenhaltungen. Außerdem widerspricht sie der Regel möglichst kein Dokument zweimal in die Hand zu nehmen.
4. Nico’s Lösung: „abgespeckte“ Merkmalstabelle
Also kam ich zu meiner Lösung, die einen Kompromiss aus obigen Ansätzen darstellt. Sicherlich ist sie noch verbesserungswürdig, sie hat mir aber immerhin so weit geholfen, dass ich mit ihr (und weiteren Techniken) den C-Teil mit komfortablen Punktepolster bestanden habe.
Also ich habe eine Tabelle vorgefertigt, die ich dann wie eine (verkürzte!) Merkmalsanalyse ausfüllte:
In der ersten Spalte notierte ich das Merkmal, wobei die Zahl vor dem Punkt den Anspruch und die Zahl nach dem Punkt das Merkmal nummeriert. Merkmal 1 aus Anspruch 1 hat also die Nummer „1.1“, Merkmal 2 aus Anspruch 1 die Nummer „1.2“, etc.
In die nächste Spalte schrieb ich das Stichwort (nicht das ganze Merkmal) welches das Merkmal im Anspruch gut beschreibt, z.B. „Holztisch“ oder „Erwärmen“.
In die nächste Spalte schrieb ich einen Haken, ein Fragezeichen oder ein Kreuz (man kann auch Plus, Minus und Fragezeichen verwenden) um zu kennzeichnen, ob ein Merkmal in der entsprechenden Entgegenhaltung A2 bis A6 enthalten war. Wer will kann in dieser Spalte auch noch weitere Bemerkungen festhalten, z.B. „W“ für weglehrende Hinweise oder „FW“ für Hinweise auf allgemeines Fachwissen.
Die nächste Spalte enthielt dann die Zitatstelle und evtl. zusätzliche Bemerkungen, wenn z.B. Merkmale unterschiedlich bezeichnet waren.
So konnte ich für jedes Merkmal festhalten ob und in welcher Form es in welcher Entgegenhaltung vorkam.
Wenn ich dann am Ende noch die Haken und Kreuze mit Grün bzw. Rot markierte (Fragezeichen in Gelb), konnte ich schnell sehen, welche Entgegenhaltungen zusammen alle Merkmale eines Anspruches abdeckten und für meine Angriffe auswählen.
So verlor ich verhältnismäßig wenig Zeit, hatte einen guten Überblick über mögliche Angriffe und, was für die Bewertung am Ende nicht unwichtig ist, alle Zitate schon detailliert vorbereitet.
Probiert aus, ob diese Tabelle auch etwas für Euch wäre, ich habe sie hier zum Download zur freien Verwendung angehängt.
Eine Bitte habe ich aber: Wenn ihr sie verwendet oder weitergebt, dann verändert bitte nicht den Copyright-Hinweis. Danke!